Veni creator spiritus

Kantate Nr. 1

für gemischten Chor, 3 Klaviere und Schlaginstrumente

 

Textdichter/-vorlage: Franz Werfel

Besetzung: gemischter Chor (SATB), 3 (2) Klaviere und Schlagzeug (5 Spieler)

Sprache: deutsch, englisch

Entstehungszeit: 1930, revidiert 1968

Uraufführung: 11. Oktober 1930 München (D)

Aufführungsdauer: 10′

 

Veni creator spiritus ist Teil der Kantaten nach Texten von Franz Werfel

Besetzung detailliert
Sänger: Chor (SATB)

Instrumente: 3 Klaviere (ossia 2 Klaviere), 3 Pauken

Schlagwerk: 4 kleine Pauken oder Tomtoms · kleine Trommel · Tamburin · große Trommel · 2 Triangel · antike Zimbeln · 3 hängende Becken · Beckenpaar · Gong · Maracas · Glockenspiel · Kastagnetten · Xylophon (5 Spieler)

 

Aufführungsmaterial Schott Music

Werkteile / Gliederung
Litanei »O Leib und Leid«

Nacht »O die ihr geht am Abend«

Veni creator spiritus »Komm heiliger Geist«

 

Die Chorsätze sind auch einzeln aufführbar.

Kommentar
Die 1929/30 entstandenen drei Werfel-Kantaten erschienen 1931 (I/II), 1932 (III) zum ersten Mal im Druck. Sie waren unter dem Titel »Werkbuch I« zusammengefaßt.

Jeweils drei Gedichte sind zu einer Kantate vereinigt. Einer der Einzeltitel bildet zugleich den Gesamttitel und zeigt damit die gedankliche Leitlinie an.

[…]

Die Neufassungen der »Lieder und Gesänge« in den Kantaten stellen nicht etwa bloße klangliche Erweiterungen durch Übergang von der Solostimme zum Chor, vom Klavier zum Instrumentalensemble dar; erst recht nicht Instrumentierungen des Klaviersatzes. Es handelt sich vielmehr um Neuerfindungen in einer gewandelten Klangvorstellung. Zur Veranschaulichung können die Neudrucke der Kantaten und Chorsätze von 1968 und später herangezogen werden (Verlag Schott).

Der Kompositionsstil ist bestimmt durch die Klangpalette eines Instrumentariums, das die Zusammensetzung des spätromantischen Orchesters völlig aufgegeben hat. Zum ersten Mal wird ein Klangkörper zusammengestellt, der eine längere Arbeit mit dem Schulwerk und die dort entwickelten Instrumente zur Voraussetzung hat. Freilich waren viele Schlaginstrumente aus Fremdkulturen als Effektinstrumente im europäischen Orchester längst eingeführt worden. Die Neuartigkeit des Orff‑Stils aber liegt darin, daß das Schlagwerk autonom eingesetzt wird. Es entsteht ein fundamental neues, im wörtlichen Sinn unerhörtes Klangspektrum.

Vor allem durch die Stabspiele werden neue Klangbereiche erschlossen. Nach indonesischen und afrikanischen Vorbildern werden Xylophone in allen Größen entwickelt, zuletzt auch in der Baßlage. Die individuellen klanglichen Möglichkeiten von Fell, Holz und Metall, aber auch anderer Idiophone aller Art werden bis in die feinsten Differenzierungen ausgehört. Sie ergeben eine unendliche Vielfalt neuartiger Klangfarben.

Grad und Eigenart der Innovation verdeutlichen sich aber auch an dem Einsatz des Klaviers. Die drei Klaviere der Kantaten sind in ihrer Funktion nicht mehr identisch mit dem Klavier der Liedfassungen. Das Klavier stand dort, ungeachtet der fortschreitenden Zurücknahme spezifisch pianistischer Aufgaben und ihrer technischen Ausführbarkeit, immer noch innerhalb einer Liedstruktur in der Nachfolge des Begleitinstruments, das die Solostimme partnerschaftlich ergänzt.

In den Kantaten sind die Klaviere in ein Schlagwerkensemble integriert. Sie fungieren teils als Perkussionsinstrumente, teils als Träger eines nicht mehr harmonischen, sondern klangtektonischen Fundaments.

Der Stilwandel in den Kantaten betrifft demnach den instrumentalen Aspekt der Komposition, somit aber auch die Komposition als Ganzes. Er hat eine veränderte Gewichtung und »Wertigkeit« der chorisch geführten Singstimme im Gesamtgefüge des Klangsatzes zur Folge.

Nachweise

Textnachweis Kommentar:

Werner Thomas: »Der Weg zum Werk«, in: Carl Orff (Hg.): Carl Orff und sein Werk. Dokumentation, Bd. I: Frühzeit, Tutzing 1975, S. 73-251, hier S. 187-189.

Bildnachweis:

[Titelseite] Carl Orff: Venicreator spiritus. Kantate, Partitur, Edition Nr. 6062, Mainz 1968.