Rota

»Sumer is icumen in«

Sommerkanon (13. Jh.)

 

Textdichter/-vorlage: anonym

Besetzung: gemischter Chor (STBar) und Instrumente

Sprache: altenglisch

Entstehungszeit: 1972

Uraufführung: 26. August 1972 Olympiastadion München, Eröffnungsfeier der 20. Olympischen Spiele (Tonbandeinspielung) · Dirigent: Gerhard Schmidt-Gaden · Tölzer Knabenchor · Ein Instrumentalensemble

Aufführungsdauer: 4′

Besetzung detailliert

Chor: Knabenstimmen · STBar

Instrumentalensemble: 4 Trompeten (4 Sopranblockflöten) · 2 Posaunen (Gamben od. Bratschen) · Fagott ad lib. – 4 Pauken · Schlagwerk: große Trommel · Schellentrommel · Becken (Zimbeln) · Triangel · Glockenspiel (Sopran, Alt, mehrfach besetzt) (10 Spieler) – 2 Gitarren (mehrfach besetzt) – Violoncelli · Kontrabässe

 

Aufführungsmaterial Schott Music

Inhalt
Text:

Gekommen ist der Sommer,
es singt der Kuckuck laut;
die Saat geht auf, und die Wiese steht in Blüte,
Jetzt sprießt der Wald.
Singe, Kuckuck!
Das Mutterschaf blökt dem Lamme nach,
die Kuh ruft nach dem Kalb;
der junge Stier hüpft, der Rehbock springt –
sing fröhlich, Kuckuck!
Kuckuck, Kuckuck,
schön singst du Kuckuck,
nun hörst du nimmer auf!

 

Sumer is icumen in,
Lhude sing Cucu;
Groweth sed and bloweth med
And springth the wude nu;
Sing Cucu.
Auwe bleteth after lomb,
Lhouth after calve cu;
Bulloc sterteth, bucke verteth;
Murie sing Cucu,
Cucu, Cucu,
Wel singes thu Cucu,
Ne swik thu naver nu.

(Englisch, 13. Jh.)

Kommentar
Im Britischen Museum in London findet sich in einer Handschrift des späten 13. Jahrhunderts aus der englischen Abtei Reading der erste bekannte Kanon der europäischen Kunstmusik: der sogenannte »Sommerkanon«, dessen Verse den Einzug des Sommers begrüßen.

Eine beigefügte Notiz erklärt den kunstvollen Schichtenaufbau der Klangform: ein zweistimmiges Fundament von glockenartig schwingenden Pendelklängen trägt einen Oberbau von vier in gleichen Abständen nacheinander einsetzenden Stimmen.

Die Notiz nennt den Kanon »Rota«, Rad, was auf die drehende, kreisende Bewegung des stetig pulsierenden Klanges hinweist. Die Kreisform entspringt einem vitalen Urtrieb des Musizierens; sie verlangt nach tänzerischer Ausgestaltung.

Der Kanon ist aber durch das Zusammenwirken der streng geordneten Stimmeneinsätze auch eine gesellig gebundene Musizierform. Als »Gruß der Jugend« zu den Olympischen Spielen 1972 in München konnte Carl Orff daher keine gemäßere musikalische Form wählen als die mittelalterliche Rota. In der Verbindung der Singstimmen mit dem heute weltweit verbreiteten Orff-Instrumentarium erklingt ein Zeugnis europäischer Überlieferung als lebendige Gegenwart.

Nachweise

Textnachweis Kommentar:

N. N. [Vorwort], in: Carl Orff: Rota – »Sumer is icumen in« – Sommerkanon (13. Jahrhundert), Partitur ED 6412, Mainz 1973, erneuerte Ausgabe, Mainz 2001, S. 5.

Bildnachweis:

[Titelseite] Carl Orff: Rota. »Sumer is icumen in«. Sommerkanon (13. Jahrhundert) für Chor und Instrumente, Partitur, ED 6412, Mainz 1973, erneuerte Auflage, Mainz 2001.