Nänie und Dithyrambe
für gemischten Chor und Instrumente
Textdichter/-vorlage: Friedrich von Schiller
Besetzung: gemischter Chor und Instrumente
Sprache: deutsch
Entstehungszeit: 1956, rev. Neufassung 1981
Uraufführung: 4. Dezember 1956 Bremen (D) · Dirigent: Hellmut Schnackenburg · Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters Bremen · Philharmonischer Chor Bremen
Aufführungsdauer: 11′
Nänie und Dithyrambe ist Teil der Werkgruppe Dithyrambi
Besetzung detailliert
Sänger: gemischter Chor (SATB)
Instrumente: 6 Fl. – 3 Pos.
Schlagwerk: P. S. (Glsp. · Xyl. · Vibr. · Marimba · Zimb. · Beckenpaar · hg. Beck. · Tamt. · Tamb. · gr. Tr. · Kast. · Dobaci) (9 Spieler) – 2 Hfn. · 4 Klav. (8 Spieler)
Inhalt
Texte
Nänie
Auch das Schone muß, sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter.
Wann er, am skäischen Thor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus.
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu seyn im Mund der Geliebten ist herrlich.
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.
Dithyrambe
Nimmer, das glaubt mir,
Erscheinen die Götter,
Nimmer allein.
Kaum daß ich Bacchus den lustigen habe,
Kommt auch schon Amor, der lächelnde Knabe,
Phöbus der herrliche findet sich ein.
Sie nahen, sie kommen,
Die Himmlischen alle,
Mit Göttern erfüllt sich
Die irdische Halle.
Sagt, wie bewirth‘ ich,
Der Erdegeborne,
Himmlischen Chor?
Schenket mir euer unsterbliches Leben,
Götter! Was kann euch der Sterbliche geben?
Hebet zu eurem Olymp mich empor.
Die Freude, sie wohnt nur
In Jupiters Saale,
O füllet mit Nektar.
O reicht mir die Schaale!
Reich ihm die Schaale!
Schenke dem Dichter,
Hebe, nur ein!
Netz ihm die Augen mit himmlischem Thaue,
Daß er den Styx, den verhaßten, nicht schaue,
Einer der Unsern sich dünke zu seyn!
Sie rauschet, sie perlet,
Die himmlische Quelle,
Der Busen wird ruhig,
Das Auge wird helle.
(Friedrich Schiller)
Kommentar
Im Laufe seines Schaffens wandte sich Carl Orff mehr und mehr klassischen Stoffen und Formen zu. In der Mitte der 1950er Jahre, zwischen seinen Bühnenwerken Trionfo di Afrodite und Oedipus der Tyrann, komponierte er auch Chorwerke, die sich mit der Antike auseinandersetzen. Darunter finden sich die Hymne Der Sänger der Vorwelt, die strenge, sehnsuchtsfreie Totenklage Nänie und das orgiastische Gedicht Dithyrambe. Anfang der 1980er Jahre vereinte Orff sie zu einem Werk.
In seinen Dithyrambi geht Orff über den Klassizismus Friedrich Schillers hinaus. Während der Dichter seinen Blick auf das Erhabene und dessen Wirkung auf seine Innenwelt richtet, reanimiert der Komponist durch seine Satzweise das archaische Moment, den Ritus, den wollüstigen, erdverbundenen Rausch. Gleichzeitig stellt er die klassische Einheit von Musik, Gesang, Tanz, Sprache und Drama wieder her. Wie in den dionysischen Feiern der Antike fällt dem Vokalensemble dabei eine zentrale Rolle zu; übernimmt das Instrumentarium in erster Linie rhythmische Funktionen, so überformt der Chor den Text in einer eigenen musikalischen Schicht ins Hymnische.
Nachweise
Textnachweise Inhalt/Kommentar:
- N. N.: »Beschreibung«, in: Webseite Schott Music: Dithyrambi für gemischten Chor und Instrumente nach Texten von Friedrich Schiller, (abgerufen am 22.5.2018).
- Friedrich Schiller: Die Sänger der Vorwelt/Nänie/Dithyrambe, in: Carl Orff (Hg.): Dithyrambi für gemischten Chor und Instrumente nach Texten von Friedrich Schiller, Partitur, Neufassung 1981, Mainz 1981, o. S.
Bildnachweis:
[Titelseite] Carl Orff: Nänie und Dithyrambe, Partiturautograph, 1956, BSB, Musikabteilung, Nachlass Carl Orff, Orff.ms.58 | © Carl-Orff-Stiftung/Archiv: Orff-Zentrum München.