Der Mond

Ein kleines Welttheater

Libretto vom Komponisten nach dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm

englische Übersetzung von Maria Pelikan

 

Besetzung: Solisten, Chor, Orchester

Sprache: deutsch, englisch

Entstehungszeit: 1936–1938, rev. Neufassung 1971

Uraufführung: 5. Februar 1939 München, Bayerische Staatsoper (D) · Dirigent: Clemens Krauß · Inszenierung: Rudolf Hartmann · Kostüme: Ludwig Sievert · Bühnenbild: Ludwig Sievert

Aufführungsdauer: 90′

 

Der Mond zählt zur Werkgruppe der Märchenstücke

Besetzung detailliert

Personen: Erzähler · hoher Tenor – 4 Burschen, die den Mond stehlen · Tenor, 2 Baritone, Bass – Bauer · Bariton – Schultheiß, Wirt · Sprechrollen – Ein anderer Schultheiß · stumme Rolle – Ein alter Mann, der Petrus heißt und den Himmel in Ordnung hält · Bass – Ein kleines Kind, das den Mond am Himmel entdeckt · Sprechrolle – Leute, die in der Schenke zechen und sich den Mond stehlen lassen; Leute, die sich über den gestohlenen Mond freuen und die Toten begraben; Leute, die längst gestorben sind und die der Mond aufweckt · gemischter Chor, Kinderchor, kleine Soli

Orchester: 3 (alle auch Picc.) · 3 (3. auch Engl. Hr.) · 3 (3. auch Bassklar.) · 2 (2. auch Kfg.) – 4 · 3 · 3 · 1 – P. S. (Glsp. · Crot. · Xyl. · Metallophon · Röhrengl. · Gläserspiel · Trgl. · versch. Beck. · gr. Tamt. · Tamb. · kl. Tr. · Rührtr. · gr. Tr. · Ratsche · Rute · Schlittenschellen · Kast. · Uhrgl.) (5 Spieler) – Hfe. · Cel. · Klav. · Harm. · Akk. · Zither – Str.

Auf der Bühne: Wächterhr. (Tuba) – S. (Gl. · 3 Rührtr. · gr. Tr. · versch. Beck. · versch. Tamt. · Donnermasch. · Windmasch. · Blitzeinschlag) – Org.

 

Aufführungsmaterial Schott Music

Weitere Fassung

Der Mond

Ein kleines Welttheater

Libretto vom Komponisten nach dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm

Fassung für 2 Klaviere, Orgel, Zither und Harmonium ad lib., Pauken und Schlagzeug von Friedrich K. Wanek (1985)

 

Diese Fassung ist nur für Schul- und Laienaufführungen bestimmt.

 

Personen: siehe Besetzung detailliert

Orchester: P. S. (Glsp. · Crot. · Röhrengl. · kl. Tr. · gr. Tr. · Rührtr. · Tamb. · Trgl. · Xyl. · Beck. · gr. Tamt. · Ratsche · Schelle · Uhrgl.) (5 Spieler) – Zith. ad lib. · Harm. (od. E-Org.) ad lib. · 2 Klav.

 

Aufführungsmaterial Schott Music

Inhalt
Ein Erzähler weiß zu berichten: Einst gab es Land, in dem nächtens alles vom Licht des Mondes beschienen war; aber da gab es auch ein Land, wo man nach Sonnenuntergang nicht einmal mehr die eigene Hand vor den Augen sah.

Aus diesem zappendusteren Land nun stolpern vier Burschen in das mondbeschienene Reich. Fasziniert betrachten sie die mild leuchtende Kugel, die sie an einer Eiche hängen sehen. Ein praktisches Souvenir, sind die vier Schlingel sich einig; und ohne viel Federlesen stibitzen sie den Mond für ihr eigenes Land. Dort sind die Bürger, nach anfänglichem Misstrauen, von dem seltsamen Licht hellauf begeistert.

Jahre kommen, Jahre gehen, das Weltenrad dreht sich, und – wie das Erzählerwort berichtet – aus den vier Burschen werden vier Alte am Rande des Grabs. Ihr letzter Wunsch: Einem jeden von ihnen möge ein Viertel des Monds in den Sarg gelegt werden. Und so zerschneidet der Schultheiß den Mond; die Viertel verschwinden in den Särgen, die Särge in der Gruft, und ringsum herrscht wieder stockfinstere Nacht.

Nicht so im Totenreich! Aufgescheucht vom Licht des Mondes – den die vier Burschen rasch wieder zusammengeflickt haben –, krabbeln die Toten aus den Särgen. Noch sind sie verschlafen, aber nicht lange: Rasch werden sie quicklebendig und fallen in ihre alten menschlichen Gewohnheiten zurück: Sie saufen, singen, würfeln, kegeln, huren und machen die Unterwelt zum reinsten Vergnügungspark.

So hoch geht es her, dass sogar Petrus im Himmel aufmerksam wird. Da muss er doch mal nach dem Rechten sehen! Aber weil der Hüter des Himmels kein Spielverderber ist, mischt er bei dem bunten Unterweltstreiben ausgelassen mit, stimmt gar ein schmissiges Sauflied an. Freilich, die Katerstimmung lässt nicht lange auf sich warten: Melancholisch sinniert Petrus über das oft so sinnlose Treiben auf der Erde. Die Toten pflichten ihm, schon mehr schlaftrunken als trunken, bei. Immer müder werden sie; und – eingelullt von Petrus‘ Schlaflied – tappen sie nach und nach gähnend zurück in ihre Särge.

Und der Hüter des Himmels? Dem Erzählerwort gemäß, hüllt Petrus die Mondkugel sacht in seinen Mantel, nimmt sie mit in den Himmel und hängt sie dort auf. Ein kleines Kind entdeckt das nächtliche Licht dort zuerst: »Ah, da hängt ja der Mond!«.

Kommentar
Vorlage für dieses kosmische Welttheater, von Orff ursprünglich für eine Marionettenbühne gedacht, boten die Brüder Grimm mit ihrer Sammlung Kinder- und Hausmärchen. Orff griff daraus die Geschichte vom Mond auf, um ein Stück zu gestalten, das einerseits alle Vergeblichkeit menschlichen Bemühens vorführt, die Weltordnung zu stören, andererseits aber auch die Verwobenheit des Menschen in eben diese Ordnung zeigt. Freilich gehen damit Text und Geschehen des Stücks weit über die Märchenvorlage hinaus – am meisten wohl in der Unterweltsszene. Die Handlung selbst changiert spielerisch zwischen Schwank und Mysterienspiel, Schabernack und Tragödie, Groteske und dämonischem Mummenschanz.

Die Bezeichnung »kleines Welttheater« rührt von den drei Schauplätzen des Geschehens her: Erde, Himmel, Unterwelt, die – so der Gedanke des Komponisten im Nachwort zur endgültigen Fassung 1970 – im Sinne einer Simultanbühne gleichzeitig zu sehen sein sollen.

Die Musik des Monds hat der Komponist als seinen »Abschied von der Romantik« bezeichnet. Einige Melodien übernahm er aus den damals bereits veröffentlichten Sammlungen des Schulwerks.

Nachweise

Textnachweis Inhalt/Kommentar:

Johannes Schindlbeck: »Der Mond«, in: Carl Orff. Ein Führer zu den Bühnenwerken, Mainz 2015, S. 5356.

Bildnachweis:

[Titelseite] Carl Orff: Der Mond – Ein kleines Welttheater, Partiturautograph, 1938, BSB, Musikabteilung, Nachlass Carl Orff, Orff.ms.54 | © Carl-Orff-Stiftung/Archiv: Orff-Zentrum München.