Ludus de nato Infante mirificus

Ein Weihnachtsspiel

Libretto vom Komponisten

Besetzung: Schauspieler, Orchester, Tonband

Sprache: deutsch, altgriechisch, lateinisch

Entstehungszeit: 1959–1960

Uraufführung: 11. Dezember 1960 Stuttgart, Württembergische Staatstheater (D) · Dirigent: Heinz Mende · Inszenierung: Paul Hager · Kostüme: Leni Bauer-Ecsy · Bühnenbild: Leni Bauer-Ecsy

Aufführungsdauer: 45′

 

Ludus de nato Infante mirificus ist Teil des Diptychons und zählt zur Werkgruppe Bairisches Welttheater

Besetzung detailliert
Personen: Eine Hexe – Hexen – Hirten – Eine alte Hexe – Kinder im Schnee – Chor der Hexen, von Männern dargestellt

Auf Band: Chor der Engel · Knaben- und Frauenstimmen – Stimmen der schlafenden Blumen · sehr helle Kindersprechstimmen – Stimme der Erdmutter · tiefer Alt

Orchester (vor der Bühne und nach Möglichkeit verdeckt): P. S. (Tenorxyl. · Bassxyl. · 4 Beck. · 3 Gongs · 3 Tamt. · Schlitztr. · 2 Bong. · Tomt. · gr. Tr. · Gläserspiel · Steinspiel · Guiro · Angklung · 3 Holzbl. · Rasseln · Bambusstäbe · Ratsche) (8 Spieler) – Klav.

Hinter der Bühne: Windmasch. · Donnermasch.

Auf Band: Picc. – P. S. (Glsp. · Crot. · Xyl. · Marimba [2 Spieler] · Metallophon · 3 Trgl. · Beck. · gr. Tr.) – 2 Hfn. · Cel. · 2 Klav. · Org. – 3 Kb.

 

Die beiden Stücke Ludus de nato Infante mirificus und Comoedia de Christi Resurrectione können unter der Bezeichnung Diptychon zusammen als abendfüllendes Werk aufgeführt werden. Die Reihenfolge LudusComoedia ist jedoch bindend.

 

Aufführungsmaterial Schott Music

Inhalt
In einer schrundigen alpenländischen Berghöhle belauern einige Hexen mit ihrem Zauberspiegel den abendlichen, schneelosen Winterhimmel. Uralte Weissagungen prophezeien für diese Nacht die Geburt eines wundersamen Kindes, das allem teuflischen Blendwerk ein Ende setzen werde. In Angst um seine höllische Macht will das Satansvolk diese Geburt mit aller Gewalt verhindern.

Ein geheimnisvoller Stern als Bote des Kommenden steigt funkelnd am Firmament auf. Als er sich trotz aller Versuche der Zauberinnen nicht auslöschen lässt, trachten sie wütend danach, die hochschwangere Mutter des angekündigten Kindes zu vernichten. Im Zauberspiegel sehen sie sie samt Mann und Reitesel auf schroffen Gebirgspfaden unterwegs. Dämonisch beschwört das Hexenpack einen Wetterzauber herauf: Dunkelheit bricht herein, Wind peitscht auf, es beginnt ungestüm zu schneien, und prompt gehen die Reisenden im Schneesturm irr. Teuflisch triumphierend verziehen sich die Hexen; der Sturm schwindet.

Drei abgekämpfte Hirten tauchen aus dem Dunkel auf. Überglücklich sind sie, als sie ein schützendes Obdach finden. Es dauert nicht lange, und zwei weitere Schäfer schleppen sich heran – auch sie auf der Suche nach einer schützenden Bleibe vor der tödlichen Kälte. Sie erzählen vom Zusammentreffen mit zwei Menschen, mit ihrem Esel in Eis und Schnee verirrt, denen sie eine rettende Hütte gewiesen hatten. Erschöpft von ihren Anstrengungen schlafen die fünf schließlich ein.

Plötzlich schreckt einer der Hirten aus einem wundersamen Traum hoch: Ihm erschienen drei morgenländische Fürsten, unterwegs nach Bethlehem zu einem wundersamen Neugeborenen. Ein zweiter Hirt berichtet von einem ähnlichen Erlebnis: Ihm träumte, in einem Stall zu Bethlehem sei ein glückbringendes Kind geboren – geboren just von der Frau, welcher die Hirten wenige Stunden vorher den rettenden Weg gezeigt hatten. Die fünf beschließen, den Träumen auf den Grund zu gehen; und da die Nacht aufklart, machen sie sich sogleich auf den winterlichen Weg. Über die traumverlorene, nächtlich verschneite Hochebene tragen Kinder funkelnde Kerzen nach Bethlehem. Die im Schnee schlummernden Blumen träumen von Frühling und Licht.

Und die Hexen? Wütend beschimpfen sie einander, am Misslingen des Plans schuld zu sein. Die alte Hexe beruhigt sie: Irgendwann würde sich schon noch eine Gelegenheit zur Vernichtung des Kindes finden. Einstweilen könne man sich ja an den Menschen schadlos halten; die seien leichtere Beute. Zähneknirschend verkriechen sich die Hexen, während die Nacht in jubilierenden Engels- und Kinderstimmen zu klingen beginnt.

Kommentar
Für Orff lag es nahe, seine Comoedia de Christi Resurrectione mit einem Weihnachtsspiel zu vervollständigen. Und dieses gelangte – nicht wie das Osterspiel, das als Fernsehinszenierung uraufgeführt wurde – von vornherein als Bühneninszenierung zur Premiere.

Bemerkenswert an dieser Erstaufführung des Ludus de nato Infante mirificus war vor allem, dass die Musizierenden gänzlich unsichtbar blieben beziehungsweise per Tonband eingespielt wurden: eine Konzeption, die mit ihrer Auflösung des Raums ins Schwebende und Ungreifbare das Traumhafte, Visionäre des Stücks suggestiv verdeutlichte.

Nachweise

Textnachweis Inhalt/Kommentar:

Johannes Schindlbeck: » Ludus de nato Infante mirificus«, in: Carl Orff. Ein Führer zu den Bühnenwerken, Mainz 2015, S. 81–83.

Bildnachweis:

[Titelseite] Carl Orff: Ludus de nato Infante mirificus. Ein Weihnachtsspiel, Partitur, Edition Schott 5265, Mainz 1962.