Orff-Schulwerk

Jugendmusik – Cantus-Firmus-Sätze
Zehn alte Melodien für Singstimmen oder Instrumente

 

Komponist: Carl Orff

Textdichter/-vorlage: diverse

Sprache: deutsch, mittelhochdeutsch, lateinisch

Publikationsjahr: 1954 (Schott ED 4454, Neuausgabe 1982)

Besetzung: gemischter Chor (SATB)/Frauenchor/Männerchor a cappella oder mit Instrumenten ad lib.

 

Siehe dazu auch: Cantus-Firmus-Sätze I – Zwölf alte Melodien für Singstimmen oder Instrumente

 

Besetzung detailliert

Hinweise:

Die Sätze können auch alternierend mit Instrumenten musiziert werden. Für die vokale Besetzung folgende Vorschläge:

I 3stimmig: Sopran I, Sopran II, Alt; oder: Sopran, Alt, Tenor
II 3stimmig: Sopran, Alt, Tenor. Von »Halleluja« ab: Sopran I und Tenor, Sopran II und Baß I, Alt und Baß II
III 3stimmig: Sopran, Alt, Tenor
IV 3stimmig: Sopran I und Tenor, Sopran II und Baß I, Alt und Baß II
V 4stimmig: Sopran I, Sopran II, Alt I, Alt II (und Tenor) von »Heiliger, barmherziger Heiler« an: Sopran I und Tenor I, Sopran II und Tenor II, Alt I und Baß I, Alt II und Baß II
VI 3stimmig: Sopran, Alt, Tenor und Baß
VII 3stimmig: Sopran, Alt und Tenor, Baß
VIII 3stimmig: Sopran, Alt und Tenor, Baß
IX 2- bis 3stimmig: Männerstimmen
X 3stimmig: Sopran, Alt, Tenor (Solo: Alt oder Männerstimme im Wechsel).

Darüber hinaus gibt es noch Möglichkeiten stimmlicher Registrierung unter Berück­sichtigung heller, dunkler, gedeckter oder metallischer Stimmen. Die Sätze können auch in anderen als den vorgeschriebenen Tonarten ausgeführt werden.

 

Aufführungsmaterial Schott Music (Neuausgabe 1982, ED 4454)

Inhalt

I – Es ist ein Ros entsprungen (SAA)
II – Christ ist erstanden (SAA)
III – Veni creator spiritus (SAA)
IV – O Lux beata trinitas (SAA)
V – Media vita (SSAA)
VI – Mein G’müth ist mir verwirrt (SABar)
VII – Innsbruck, ich muss dich lassen (SAB)‘
VIII – Ach Sorg, du musst zurücke stan (SAB)
IX – Der grimmige Tod (BB)
X – Ich wollt, dass ich doheime wer (SSA)

Kommentar

Zehn alte Melodien, vom frühchristlichen Hymnus bis ins 17. Jahrhundert reichend, sind vorwiegend dreistimmig für Singstimmen und/oder Instrumente gesetzt. Die Satztechnik knüpft in freier Weise an die seit dem Mittelalter fast ununterbrochen geübte Praxis des Cantus-Firmus-Satzes an.

***

Anmerkungen:

zu I:
Altes Marienlied, das wohl schon dem 15. Jahrhundert angehört. Im Mainzer Cantual 1605 wird es »Das alt Chatholisch Triersche Christliedlein« genannt.
F. M. Böhme, Altdeutsches Liederbuch

zu II:
Das Osterlied »Christ ist erstanden von der marter alle« ist nach literaturhistorischen und hymnologischen Forschungen das älteste erhaltene Lied des deutsch-geistlichen Volksgesanges, das aller Wahrscheinlichkeit nach schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts bekannt war, da wir es bereits im Laufe des 13. Jahrhunderts als ein bekanntes erwähnt finden. Es scheint auch in Osterspielen ein üblicher Gesang gewesen zu sein.
F. M. Böhme, Altdeutsches Liederbuch

zu III:
»Veni creator spiritus« vielleicht ältester Hymnus auf den heiligen Geist. Stammt wahrscheinlich von Hrabanus Maurus († 856) und war vom 9. Jahrhundert an sehr verbreitet.
Buchberger, Kirchliches Handlexikon

zu IV:
Ambrosius († 397) gilt mit Gewißheit als Verfasser.
Böhring, Choralkunde

1. Der du bist drei in Einigkeit
Ein wahrer Gott von Ewigkeit:
Die Sonn mit dem Tag von uns weicht,
laß leuchten uns dein göttlich Licht

2. Des Morgens, Gott dich loben wir,
des Abends auch beten vor dir,
unser armes Lied rühmet dich
jetz und, immer und ewiglich.

3. Gott Vater, dem sei ewig Ehr,
Gott Sohn, der ist der einig Herr,
und dem Tröster, heiligen Geist
von nun an bis in Ewigkeit

zu V:
Der deutsche Text ist eine freie Obersetzung des »Media vita«, einer lateinischen Dichtung von Notker Balbulus zu St. Gallen († 910), welche er vor 880 dichtete und die mit ihrer neumierten Melodie im St. Gallener Codex erhalten ist. Nach einer Sage soll Notker zu dem Gedicht angeregt worden sein, als er beim Bau einer Brücke über das Martins­Tobel die Gefahr der über dem tiefen Abgrund schwebenden Werkleute sah. Das lateinische Gedicht ist in ganz Europa verbreitet. Der Anfang des Originals lautet: Media vita in morte sumus, quem quaerimus adjutorem, nisi te domine, qui pro peccatis nostris juste irasceris …

Deutsche Bearbeitungen sind schon im 14. Jahrhundert bekannt. Man legte dem Liede sogar abergläubische Wirkungen bei, sodaß 1316 eine Kölner Synode verordnete »Niemand solle dieses Lied ohne Erlaubniß eines Bischofs gegen Jemanden singen.« Der deutsche Gesang wurde im Felde als Kriegsgesang gebraucht und auf Meereswogen übertönte er die Schrecken des Todes.
F. M. Böhme, Altdeutsches Liederbuch

zu VI:
Text und Melodie von Hans Leo Haßler (1564-1612)

zu VII:
Ob Isaak die Singweise erfunden, läßt sich nur vermuten, aber nicht nachweisen; mit größter Wahrscheinlichkeit ist sie Volksweise gewesen, wie der Text ein Lied süddeutscher Handwerksgesellen war. Nach einer nicht verbürgten Überlieferung soll der Dichter des Liedes Kaiser Maximilian I. selbst sein, was bei der näheren Beziehung des Komponisten zum Kaiser nicht unwahrscheinlich wäre.
Das Volkslied mit seiner Melodie, die Isaak 1475 vierstimmig bearbeitete, muß mindestens aus dem 15. Jahrhundert stammen, war lange vor der Reformation beliebt, daß seine Weise schon vor 1505 zu einem geistlichen Liede benutzt wurde.
F. M. Böhme, Altdeutsches Liederbuch

zu VIII:
Melodie in den Souterliedekens 1540 »Sorghe, ghi moet bisiden stan«.
F. M. Böhme, Altdeutsches Liederbuch

zu IX:
Die Melodie steht am Paderborner Gesangbuch 1617 »Ein gar andächtig Gesang von dem Tode« und ist identisch mit dem Pavierlied (1525), darin der König von Frankreich als total geschlagen besungen wird (als Pavierton, in alten Drucken auc.li als »Thon vorn König von Frankreich« bezeichnet). Es ist das einst so beliebte Lied von der Pavierschlacht, in dessen Weise im 16. und 17. Jahrhundert eine große Zahl von historischen Liedern gesungen wird.

Was wölln wir aber heben an
ein newes lied zu singen,
wol von dem könig aus Frankreich,
Mailand wolt er bezwingen.
Das gschach man zelt tausend-fünf-hundert jar,
im fünf und zwanzigsten ists geschehen,
er zog daher mit heereskraft
hat mancher landsknecht gsehen.
Er zug für ein stat die heist Mailand
die selbig tet er zwingen,
darnach Tür ein stat die heist Pavia,
er meint, er wolts gewinnen.
Darin lag mancher landsknecht frisch,
des het der könig verschworen,
er sprach, sie solten die stat aufgeben
sie wär sunst schon verloren.
(es folgen noch 20 Strophen)
F. M. Böhme, Altdeutsches Liederbuch

zu X:
Dieses geistliche Lied mit seiner Melodie, die mit der Jahrzahl 1430 überschrieben ist, steht unter den Gedichten des Heinrichh von Loufenberg in der Straßburger Handschrift. Wahrscheinlich liegt dem Text und der Melodie ein weltliches Lied zugrunde.
F. M. Böhme, Altdeutsches Liederbuch

Nachweise

Textnachweise Kommentar:

  • N. N.: »Beschreibung«, in: Schott Music: Cantus-Firmus-Sätze. 10 alte Melodien, <https://de.schott-music.com/shop/cantus-firmus-saetze-no34649.html> (zuletzt besucht am 2.4.2019).
  • N. N.: »Hinweise«, in: Carl Orff (Hrsg.): Orff-Schulwerk. Jugendmusik. Cantus-Firmus-Sätze. Zehn alte Melodien für Singstimmen oder Instrumente, ED 4454, Mainz 1954, Neuausgabe, Mainz 1982, S. 3.
  • N. N.: »Anmerkungen«, in: Carl Orff (Hrsg.): Orff-Schulwerk. Jugendmusik. Cantus-Firmus-Sätze. Zehn alte Melodien für Singstimmen oder Instrumente, ED 4454, Mainz 1954, Neuausgabe, Mainz 1982, S. 14 f.

Bildnachweis:

[Titelseite] Carl Orff (Hrsg.): Orff-Schulwerk. Jugendmusik. Cantus-Firmus-Sätze. Zehn alte Melodien für Singstimmen oder Instrumente, ED 4454, Mainz 1954.