Griechische Tragödien

 

Besetzung: Solisten, Chor, Orchester

Sprache: deutsch, altgriechisch

Entstehungszeit: 1940–1967

Werkteile / Gliederung

Die Griechischen Tragödien sind als thematische Gruppierung ohne hierarchische Ebene zu verstehen. Alle Werke sind einzeln aufführbar. Obgleich sich eine Auffühung im Verbund anbietet, bestehen keine zwingenden Vorgaben zur gemeinsamen Aufführung, zur Aufführung in zyklischer Form oder in einer bestimmten Reihenfolge.

1. Antigonae – Ein Trauerspiel des Sophokles in der deutschen Übersetzung von Friedrich Hölderlin (1949)

2. Oedipus der Tyrann – Ein Trauerspiel des Sophokles in der deutschen Übersetzung von Friedrich Hölderlin (1959)

3. Prometheus – Tragödie des Aischylos (1967)

Informationen zu Handlung und Besetzung finden sich bei den jeweiligen Einzelwerken

Kommentar
Orff vertonte die Tragödien Antigonae und Oedipus der Tyrann des Sophokles, beide in der Übertragung Hölderlins, sowie Prometheus von Aischylos im altgriechischen Original Wort für Wort und ohne jede Kürzung. Der Komponist verzichtete bewußt auf jeglichen Eingriff in den Text; dies allein war bereits ohne jedes Vorbild. Orff wollte die Tragödie, nicht ein für die Erfordernisse der Musik zurechtgemachtes Libretto. Damit unterscheiden sich die griechischen Tragödien grundlegend nicht nur yon allen »Antikenopern«, sondern auch von den sogenannten »Literaturopern«, deren dramatischer Vorwurf in der Regel ebensolchen Bearbeitungen unterzogen wird. Außerdem sind die Texte der Literaturopern durchweg geprägt von der Dramaturgie des neuzeitlichen Sprechtheaters; Musik tritt damit von vornherein als zusätzliches, nicht ursprünglich in der Konzeption enthaltenes Element hinzu.

Ganz anders verhält es sich dagegen mit der attischen Tragödie: Sprache, Musik und Tanz bildeten eine untrennbare Einheit, die ihrerseits Form und Dramaturgie bestimmte. Orff respektierte diesen formalen Aufbau, ließ ihn unangetastet und bewahrte dadurch weitestgehend die originalen Proportionen, den »Rhythmus im Großen«.

Die attische Tragödie besteht im wesentlichen aus dem Wechsel von Dialogpartien bzw. Epeisodien (größtenteils gesprochen im Versmaß des jambischen Trimeter) und Chorliedern bzw. Stasima (gesungen in lyrischen Maßen). Dem Prolog folgt das Einzugslied des Chors, die Parodos. Es schließen sich mehrere Epeisodien und Stasima an; der Abschnitt nach dem letzten Stasimon wird als Exodos bezeichnet. Innerhalb der Epeisodien finden sich folgende Bauformen: die Rhesis, die Stichomythie, die Monodie und das Amoibaion.

[…] Orff beachtete die formalen Vorgaben in allen drei Werken sehr genau und setzte sie entsprechend um; denn unbelastet von einer musikgeschichtlichen Tradition boten ihm die Bauformen der Tragödie innerhalb eines gewissen Rahmens noch genügend Freiräume, immer wieder anders zu verfahren und neue Gestaltungsmöglichkeiten zu erfinden oder ältere Formen wiederaufzugreifen.

Nachweise

Textnachweis Kommentar:

Thomas Rösch: Die Musik in den griechischen Tragödien von Carl Orff, Tutzing 2003, S. 17.

Bildnachweis:

E. L. und E. Jünger: Carl Orff zum 85. Die drei Griechendramen, Plakat, Gesamtaufführung von Carl Orffs drei griechischen Tragödien, München, Zirkus Krone, 1980, Carl-Orff-Stiftung/Archiv: Orff-Zentrum München.