Carmina Burana

Cantiones profanae cantoribus et choris cantandae comitantibus instrumentis atque imaginibus magicis

Weltliche Gesänge für Soli und Chor mit Begleitung von Instrumenten und magischen Bildern

 

Textdichter/-vorlage: Die Texte wurden zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert von zumeist anonymen Dichtern verfasst und entstammen einem als Carmina Burana bezeichneten mittelalterlichen Codex aus den Beständen des Klosters Benediktbeuern.

Besetzung: Sopran, Tenor, Bariton, gemischter Chor, Knabenchor, Orchester

Sprache: lateinisch, mittelhochdeutsch, altfranzösisch

Entstehungszeit: 1934–1936

Uraufführung: 8. Juni 1937 Frankfurt am Main (D) · Dirigent: Bertil Wetzelsberger · Inszenierung: Oskar Wälterlin · Bühnenbild: Ludwig Sievert

Aufführungsdauer: 65′

 

Die Carmina Burana sind Teil des Tryptichons Trionfi

Werkteile / Gliederung
Fortuna Imperatrix Mundi: 1. O Fortuna – 2. Fortune plango vulnera

I Primo Vere: 3. Veris leta facies – 4. Omnia sol temperat – 5. Ecce gratum

Uf dem Anger: 6. Tanz – 7. Floret silva – 8. Chramer, gip die varwe mir – 9. Reie: Swaz hie gat umbe; Chume, chum geselle min; Swaz hie gat umbe – 10. Were diu werlt alle min

II In Taberna: 11. Estuans interius – 12. Olim lacus colueram – 13. Ego sum abbas – 14. In taberna – quando sumus

III Cour d’Amours: 15. Amor volat undique – 16. Dies, nox et omnia – 17. Stetit puella – 18. Circa mea pectora – 19. Si puer cum puellula – 20. Veni, veni, venias – 21. In trutina – 22. Tempus est iocundum – 23. Dulcissime

Blanziflor et Helena: 24. Ave formosissima

Fortuna Imperatrix Mundi: 25. O Fortuna

Besetzung detailliert
Personen: Sopran · Tenor · Bariton · gemischter Chor (SATB) · Knabenchor

Orchester: 3 (2. u. 3. auch Picc.) · 3 (3. auch Engl. Hr.) · 3 (1. auch Es-Klar., 2. u. 3. auch Bassklar.) · 2 · Kfg. – 4 · 3 · 3 · 1 – P. · S. (3 Glsp. · 2 ant. Zimb. · Xyl. · 3 Gl. · Röhrengl. · Trgl. · 4 Beck. [Beckenpaar u. hg. Beck.] · Tamt. · Tamb. · 2 kl. Tr. · gr. Tr. · Ratsche · Kast. · Schellen) (5 Spieler) – 2 Klav. · Cel. – Str.

 

Aufführungsmaterial Schott Music

Weitere Fassungen

Carmina Burana

Fassung für Sopran, Tenor, Bariton, gemischten Chor, Knabenchor und Blasorchester von Juan Vicente Mas Quiles

Diese Fassung ist nicht für Gesamtaufführungen von Trionfi bestimmt.

Personen: siehe Besetzung detailliert

Orchester: 3 Fl. (3. auch Picc.) · 3 Ob. (3. auch Engl. Hr.) · 2 Fg. · Kfg. – Es-Klar. · 3 Klar. in B · A-Klar. · B-Klar. · Kb.-Klar. ad lib. · 2 Altsax. · Tenorsax. · Baritonsax. – 3 Trp. · 4 Hr. · 3 Pos. · 2 Flhr. · Tenorhr. · Bar. · 2 Tb. – Kb. – Cel. · 2 Klav. – P. · S. (3 Glsp. · 2 ant. Zimb. · Xyl. · 3 Gl. · Röhrengl. · Trgl. · 4 Beck. [Beckenpaar u. hg. Beck.] · Tamt. · Tamb. · 2 kl. Tr. · gr. Tr. · Ratsche · Kast. · Schellen) (5 Spieler)

Aufführungsmaterial Schott Music

 

Carmina Burana

Fassung für Sopran, Tenor, Bariton, gemischten Chor, Knabenchor, zwei Klaviere und Schlagwerk von Wilhelm Killmayer

Diese Fassung ist nur für Schul- und Laienaufführungen und nicht für Gesamtaufführungen von Trionfi bestimmt.

Personen: siehe Besetzung detailliert

Orchester: P. · S. (3 Glsp. · 2 ant. Zimb. · Xyl. · 3 Gl. · Röhrengl. · Trgl. · 4 Beck. [Beckenpaar u. hg. Beck.] · Tamt. · Tamb. · 2 kl. Tr. · gr. Tr. · Ratsche · Kast. · Schellen) (5 Spieler) – 2 Klav.

Aufführungsmaterial Schott Music

Inhalt
Mit einem leidenschaftlichen Klageschrei heben die Carmina Burana an: Glücksgöttin Fortuna gilt er. Wie kann sie die Welt nur so völlig blind regieren! Wahllos schlägt die launenhafte Göttin Wunden, wahllos verteilt sie ihre Gunst; wer heute noch obenauf ist, kann sich morgen schon auf dem absteigenden Rad befinden! Desto mehr gilt es die Freuden des Lebens in vollen Zügen zu genießen – und zwar ohne zu zögern!

Und so stürzen die Sonnenhungrigen zu Spiel und Tanz hinaus in die frühlingshafte Natur: Sie werfen sich in Schale, tanzen, balzen und tauchen ein in den Rausch toller Jugend.

Die Glücksspieler wiederum zieht es in die Kneipe: Dort reißen sie große Sprüche und platte Witze, hauen sich den Wanst mit Leckerbissen und Alkohol voll und lassen reihum Würfel und Spielkarten wirbeln.

Die gehobene Gesellschaft hingegen treibt es eleganter: Sie wandelt vornehm auf eleganten Liebespfaden, schäkert und seufzt, kokettiert und zickt, schreckt und lockt. Und wenn die Paare sich glücklich gefunden haben erwarten alle die Erscheinung der Liebesgöttin. Stattdessen aber erscheint Fortuna und der Klageschrei des Anfangs wiederholt sich.

Kommentar
Orffs szenische Kantate basiert auf mittellateinischen, mittelhochdeutschen, altfranzösischen und provenzalischen Lied- und Dramentexten einer Anthologie, die 1803 in der Bibliothek des Klosters Benediktbeuern gefunden wurde. Sämtliche darin enthaltenen Texte wurden zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert von zumeist anonymen Dichtern verfasst. Die heute etablierte, eigentlich jedoch nicht ganz zutreffende Bezeichnung Carmina Burana (lateinisch für Beurer Lieder oder Lieder aus Benediktbeuern) – die Handschriftensammlung wurde zwar im Kloster Benediktbeuern aufbewahrt, die darin enthaltenen Lieder entstanden jedoch höchstwahrscheinlich in Österreich oder Südtirol – geht auf Johann Andreas Schmeller zurück, der 1847 unter diesem Titel erstmals eine erste Gesamtausgabe des Codex veröffentlichte.

Am Gründonnerstag des Jahres 1934 warf Orff erstmals einen Blick in eben jenes Buch, das er kurz zuvor in einem Würzburger Antiquariatskatalog entdeckt und sogleich bestellt hatte. Der vollständige Titel lautet: Carmina Burana. Lateinische und deutsche Lieder und Gedichte einer Handschrift des XIII. Jahrhunderts aus Benedictbeuern auf der K. Bibliothek zu München. Beim Aufschlagen des Buchs fiel Orffs Blick auf die Abbildung der Glücksgöttin Fortuna und die Zeilen »O Fortuna / velut luna / statu variabilis«. Diese Verse schlugen den Komponisten derart in Bann, dass er sie noch am gleichen Tag in den Chorsatz umformte, der zur Eröffnungsnummer der Carmina Burana werden sollte: »O Fortuna«. Aber nicht nur diese wenigen Verse wurden zur Initialzündung für Orff. Auch andere regten unmittelbar seine Kreativität an; rauschhaft entwarf er ein erstes Werkkonzept mit Sing- und Tanznummern, und drei Tage später waren bereits einige Chöre zu Papier gebracht.

Der Bamberger Archivrat Michel Hofmann half dem Komponisten, die Überfülle an Textmaterial zu sichten und geeignete Texte auszuwählen. Bei seiner Komposition ließ sich Orff nicht von den Neumen leiten, die manchen Gedichten beigefügt waren, sondern ausschließlich vom mitreißenden Rhythmus und der Bildkraft der Gedichte, vom vokalreichen Klang und der Pointiertheit der Sprache.

Waren die Konzeption und die Komposition der szenischen Kantate auch rasch abgeschlossen, so dauerte es doch bis August 1936, ehe Orff den Schlussstrich unter die Partiturreinschrift zog. Und bis das Werk schließlich die Reise um die Welt antreten konnte, gingen nochmals rund zehn Jahre ins Land. Erst nach 1945 begannen die Carmina Burana ihren internationalen Siegeszug. Orff allerdings war sich schon 1937 der Bedeutung dieser szenischen Kantate für seine Entwicklung klar, denn bereits am Tag nach der Uraufführung schrieb er seinem Verleger: »Mit Carmina Burana beginnen meine gesammelten Werke.«

Nachweise

Textnachweis Inhalt/Kommentar:

Johannes Schindlbeck: »Carmina Burana«, in: Carl Orff. Ein Führer zu den Bühnenwerken, Mainz 2015, S. 37 f.

Bildnachweis:

[Titelseite] Carl Orff: Carmina Burana – Cantiones profanae cantoribus et choris cantandae comitantibus instrumentis atque imaginibus magicis, Partiturautograph, 1936, BSB, Musikabteilung, Nachlass Carl Orff, Orff.ms.1 | © Carl-Orff-Stiftung/Archiv: Orff-Zentrum München.